EU und Du

Die EU und ihre Institutionen scheinen weit weg, doch haben sie ganz direkte Auswirkungen auf unseren Alltag. Viele Entscheidungen, die unser Leben berühren, werden auf europäischer Ebene angestoßen. Auf die Frage "Was bringt mir die EU?" gibt es daher viele Antworten.

Frieden in Gefahr?

Seit über 70 Jahren gibt es zwischen den Mitgliedstaaten keine gewaltsamen Auseinandersetzungen mehr. Meinungsunterschiede zwischen den EU-Staaten werden heute am Verhandlungstisch ausgetragen. Militärische Konflikte außerhalb der EU, wie der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine, stellen die EU jedoch vor große Herausforderungen.

Die Europäische Antwort: Mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) kann die EU bei weltpolitischen Angelegenheiten gemeinsam handeln und leistet Entwicklungszusammenarbeit mit Drittländern. Das Ziel ist, den Frieden und die Menschenrechte auch außerhalb der EU zu fördern.

Freiheit in Grenzen?

Lange Zeit behinderten Grenz- und Passkontrollen, Zölle und andere Beschränkungen den Verkehr von Gütern und Personen zwischen den europäischen Staaten.

Die Europäische Antwort: Durch den europäischen Binnenmarkt und Verkehr ist der Handel zwischen den EU-Staaten sehr viel einfacher geworden. Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist das Angebot reichhaltiger und günstiger geworden, denn es werden keine Einfuhrzölle auf spanische Orangen, italienische Espressomaschinen oder französischen Käse mehr erhoben. EU-Bürgerinnen und -Bürger können in weiten Teilen Europas frei reisen und ihren Wohnort wählen. Dadurch ist es viel einfacher geworden, in einem anderen EU-Staat zu studieren oder zu arbeiten.

Schlecht in Mathe?

Das Umrechnen der verschiedenen nationalen Währungen bereitete nicht nur Urlaubsreisenden, sondern auch Unternehmen lange Kopfzerbrechen.

Die Europäische Antwort: 2002 wurde der Euro eingeführt. Heute gehören 20 EU-Staaten zur Eurozone und haben eine gemeinsame Währung – den Euro. Dadurch gehört das Umrechnen von Währungen bei Reisen und grenzüberschreitendem Handel in der Eurozone der Vergangenheit an – ebenso die Gebühren für den Umtausch von Geld.

Quellen: MEINE STIMME FÜR EUROPA Die Wahl zum Europäischen Parlament am 9. Juni 2024 – Broschüre der Berliner Landeszentrale für politische Bildung

Zu viel Vielfalt von Waren und Dienstleistungen?

Das europäische Waren- und Dienstleistungsangebot ist mit dem Binnenmarkt sehr vielfältig, aber auch etwas unübersichtlich geworden.

Die Europäische Antwort: Der Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern steht ganz weit oben auf der Agenda des Europäischen Parlaments. Die Abschaffung von Roaminggebühren für den Mobilfunk, die Vereinheitlichung von Ladegeräten für digitale Endgeräte oder Nährwertangaben auf Lebensmittelverpackungen innerhalb der EU sind nur einige Beispiele dafür.

Produkte aus ganz Europa

Durch den gemeinsamen Binnenmarkt können wir heute Produkte aus der gesamten EU kaufen - spanische Orangen, griechische Oliven, Autos aus Polen und vieles mehr. Zölle und Handelsbeschränkungen wurden seit Bestehen der EU abgebaut, um einen freien Warenverkehr zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Damit für alle die gleichen Bedingungen auf diesem Markt gelten, werden auch die Regeln für die Zulassung und Kennzeichnung von Produkten EU-weit festgelegt. Seit kurzem erleichtern beispielsweise einheitliche Ladekabel für elektronische Kleingeräte den Kauf und die Nutzung in der EU.

Europäische Menschenrechts- und Umweltstandards für importierte Waren

In der EU soll bald ein sogenanntes Lieferkettengesetz für alle großen Unternehmen gelten. Diese Unternehmen müssen dann kontrollieren, dass auch ihre Lieferanten außerhalb der EU Menschenrechte und europäische Umweltstandards einhalten. Importierte Waren wie Kaffee, Textilien oder Rohstoffe dürfen beispielsweise nicht durch Kinderarbeit entstehen und die Lieferanten müssen bestimmte Beschäftigungs- und Umweltstandards einhalten. Das bestehende deutsche Lieferkettengesetz muss fortan an die strengeren europäischen Vorgaben angepasst werden.

Gut gekennzeichnet für eine bewusste Kaufentscheidung

Damit Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU eine überlegte Kaufentscheidung treffen können, gibt es verschiedene Normen und Zeichen für Produkte, die EU-weit gelten. Für chemische und technische Produkte gibt es verbindliche Normen, um Sicherheit zu gewährleisten und gesundheits- und umweltschädliche Wirkungen zu begrenzen. Das CE-Zeichen garantiert Sicherheit, der Energieverbrauch von Geräten muss ausgewiesen werden und besonders nachhaltige, umweltfreundliche Produkte sind mit dem EU-Umweltzeichen gekennzeichnet.

Hessische Hochschule und Bologna

Für die Bildungspolitik sind in Deutschland grundsätzlich die Bundesländer zuständig. Doch insbesondere im Hochschulbereich gibt es inzwischen EU-weite Standards – vergleichbare Benotungssysteme („ECTS“) und Studienabschlüsse - Bachelor und Master - wurden mit dem sogenannten Bologna-Prozess vor 20 Jahren eingeführt. Das Ziel ist, einen Europäischen Hochschulraum zu schaffen, in dem das Studieren und Forschen sowie die Vergleichbarkeit von Hochschulabschlüssen grenzenlos möglich ist.

Erasmus+: Andere Länder entdecken leicht gemacht

Zu lernen und nebenbei andere Länder und Lebensweisen kennenzulernen, ist die Grundidee von Erasmus+. Mit diesem Programm fördert die EU seit 1987 den Austausch von Schülerinnen und Schülern, Auszubildenden, Studierenden, Jugendlichen und Erwachsenen innerhalb Europas. Auch die Weiterbildung von Beschäftigten im Bildungs-, Jugend- und Sportbereich wird unterstützt. Alle EU-Mitgliedstaaten und noch viele andere Länder der Welt können Ziel eines Bildungstrips sein. Wie es geht, erfährst Du hier: https://www.erasmusplus.de/ oder per App:https://erasmusapp.eu/

Obst und Gemüse für Schulkinder

Damit in Schulen und Kitas gesunde Ernährung nicht nur auf dem Lehrplan steht, sondern auch „auf den Tisch“ kommt, hat die EU 2017 ein Programm aufgelegt, das ein kostenloses Angebot an Obst, Gemüse und Milch für Kinder fördert. Den Kindern sollen im Rahmen des Programms auch Kenntnisse über Herkunft und Erzeugung der Lebensmittel, die Landwirtschaft und Ernährungsgewohnheiten vermittelt werden. Da in Deutschland Schule „Ländersache“ ist, sind die Bundesländer für die Beantragung und Weitergabe der EU-Förderung zuständig. In Hessen gibt es die EU-geförderte Schulmilch.

Müll – ein schwerwiegendes Thema

In der EU fallen über 500 kg Müll pro Kopf im Jahr an, über ein Drittel davon ist Verpackungsmüll, der vor allem aus Plastik besteht. Plastikmüll bedroht Gewässer und Tiere weltweit. Um dem entgegenzuwirken, hat die EU inzwischen 10 Einwegartikel wie Wattestäbchen, Besteck, Teller oder Trinkhalme aus Kunststoff verboten.
Bis 2030 sollen 55 % der Verpackungen recycelt werden und zunehmend durch andere Materialien ersetzt werden. Darüber hinaus setzt sich das Parlament auch für eine deutliche Reduzierung von Textil- und Lebensmittelabfällen ein.

Ein „grüner Deal“ für Europa

Seit 2019 ist das Erreichen eines klimaneutralen, grünen, aber auch fairen und sozialen Europas einer von vier Schwerpunkten, die sich die EU gesetzt hat. Mit dem „Grünen Deal“ hat die Kommission ein Maßnahmenpaket dafür vorgelegt, dass große Veränderungen bei der Energieerzeugung, im Verkehrswesen, der Landwirtschaft und bei der industriellen Produktion anstoßen soll. Dieser Wandel kostet viel Geld und wird sich auch in steigenden Preisen und Lebenshaltungskosten bemerkbar machen. Mit dem Klima Sozialfonds sollen deshalb die Kosten vor allem für ärmere Haushalte gemildert werden.

Europäischer Klimaschutz im Konflikt mit nationalen Interessen

Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 bis 2030 um 55 % zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden. Dafür soll vor allem der Emmissionshandel ausgeweitet und der Anteil erneuerbarer Energien auf mindestens 42,5 % erhöht werden. Welche Maßnahmen zielführend sind, ist oft strittig - so die Nutzung bzw. Abschaffung von Autos mit Verbrennermotoren oder von Atom- und Kohlekraftwerken. Zwischen den sehr unterschiedlichen Interessen der Mitgliedstaaten einen Kompromiss zu finden, ist deshalb oft nicht einfach.

Ein Euro anstelle von D-Mark, Franc und Lira

Bei grenzüberschreitenden Reisen oder Zahlungen mussten früher die verschiedenen nationalen Währungen umgerechnet und getauscht werden – das kostete Reisende und Unternehmen viel Zeit und Nerven. Mit der Währungsunion haben sich die EU-Staaten 1999 für eine gemeinsame Geld- und Währungspolitik entschieden. Heute können wir in 20 der 27 Mitgliedstaaten mit dem Euro bezahlen – ohne Tauschgebühren, ohne Rechnerei. Auch alle anderen EU-Staaten müssen den Euro einführen, sobald sie bestimmte wirtschaftliche, währungs- und haushaltspolitische Kriterien erfüllen. Ausgenommen von der verpflichtenden Einführung ist bisher Dänemark, das eine Opt-Out Regelung erwirkt hat und selbst entscheiden kann ob und wann es beitritt. Schweden umgeht bislang den Beitritt, da es die Erfüllung eines Kriteriums der Zentralbank bisher nicht erfüllt hat.

Auch einige Staaten, die nicht Mitglied der EU sind, haben den Euro als Zahlungsmittel z.B. Montenegro, Monaco oder Vatikanstadt, sie werden oft zum Euroraum gezählt. Eurozone und -raum werden manchmal synonym, manchmal abgrenzend, nur für EU-Staaten verwendet, zur Euro-Gruppe gehören tatsächlich nur die EU-Staaten.


Wie die EU Geld einnimmt und ausgibt

Um ihre vielfältigen Aufgaben zu finanzieren, benötigt die EU Geld. Deshalb verfügt sie über einen eigenen Haushalt, der vor allem durch Beiträge der Mitgliedstaaten und Zölle finanziert wird. Wie viel Geld die EU wofür ausgeben darf, wird auf Vorschlag der Kommission vom Ministerrat und Parlament zusammen festgelegt.

Umstritten ist, ob die EU selbst längerfristig Geld leihen soll, um ihre Ausgaben zu finanzieren. Rat und Parlament bewilligten das 2021 erstmals, um nach der Corona-Pandemie umfangreiche Investitionen in Klimaschutz und Wirtschaft in den EU-Staaten zu ermöglichen.

Kapitalverkehr „barrierefrei“

Ein freier Kapitalmarkt ist eines der vier zentralen Ziele des EU-Binnenmarktes. Mit der Kapitalmarktunion wurden Kapitalverkehr und Finanzdienstleistungen zwischen den Mitgliedstaaten ohne Beschränkungen möglich. Die Regeln für Zahlungsdienstleistungen wie Überweisungen werden deshalb inzwischen von der EU festgelegt (SEPA). Es gibt auch EU-Vorschriften, die verhindern sollen, dass es in der EU zur Verwendung von illegal erworbenen oder nicht versteuerten Geldern – Geldwäsche - kommt. Deshalb wurde die erlaubte Höhe von Bargeldzahlungen begrenzt.

Solidargemeinschaft EU

Die Zahlungen für den EU-Haushalt richten sich vor allem nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Mitgliedstaats. Manche zahlen mehr in den EU-Haushalt ein, als sie zurückbekommen. Dazu zählten 2022 Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Schweden, Österreich, Finnland, Dänemark, Italien und Irland. Diese Staaten haben jedoch viele indirekte Vorteile von der EU: Durch Aufträge für Unternehmen oder Exporte haben sie erhebliche Einnahmen. Andere EU-Staaten erbringen für das zusätzliche Geld, das sie erhalten, oft auch Leistungen, von denen die anderen profitieren, zum Beispiel den Schutz der EU-Außengrenzen.