Das Wahlsystem der Europawahl

Das Besondere an der Europawahl ist, dass es kein einheitliches Wahlsystem für die Mitgliedstaaten gibt. Die Regelungen für den Ablauf der Wahl sind größtenteils national festgelegt. Allerdings gibt es eine einige Vorschriften, denen sich alle Mitgliedstaaten verpflichtet haben. Zu diesen gehören die Wahlgrundsätze: In allen EU-Ländern müssen die Wahlen allgemein, frei, direkt und geheim ablaufen. Was bedeutet das?

Allgemein ist eine Wahl, wenn jede Person, die das aktive Wahlrecht besitzt, auch wählen darf.

Freie Wahl bedeutet, dass die Wahlentscheidung ohne Zwang oder Druck von außen getroffen werden kann.

Direkt ist eine Wahl, wenn die Wahlberechtigten ihre Stimme direkt für eine Bewerberin oder einen Bewerber um das Abgeordnetenamt abgeben und dies nicht durch zwischengeschaltete Stellen passiert, wie etwa bei der Wahl zur Kanzlerin oder zum Kanzler in Deutschland.

Geheim bedeutet, dass die Stimmabgabe ohne die Einsicht anderer erfolgt und auch niemand nachverfolgen kann, für welche Partei eine Person ihre Stimme abgegeben hat. Zu diesem Zweck gibt es beispielsweise Wahlkabinen.

Wie funktioniert die Europawahl?

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Ein Erklärvideo der Bundeszentrale für politische Bildung

grafik: änderung der sitzverteilung im eu-parlament nach dem brexit von 751 auf 705 mitglieder

Quelle: Europäisches Parlament 2019

Degressive Proportionalität

Anders als etwa die Bundestagswahlen ist die Europawahl aber nicht gleich, denn die Mitgliedstaaten entsenden je nach Bevölkerungszahl eine unterschiedliche Anzahl an Abgeordneten. Deutschland, als Land mit den meisten Einwohnerinnen und Einwohnern, entsendet also mit 96 Delegierten auch die höchste Anzahl an Abgeordneten ins Europäische Parlament. Malta, Luxemburg, Zypern und Estland entsenden mit jeweils 6 Abgeordneten die geringste Anzahl. Dieses Prinzip nennt man auch degressive Proportionalität: Das heißt, größere Länder entsenden mehr Abgeordnete als kleinere Länder, aber kleinere Mitgliedstaaten haben mehr Abgeordnete pro Einwohner als die bevölkerungsreichen Mitgliedstaaten. Dieses System soll sicherstellen, dass auch die kleinen EU-Länder angemessen repräsentiert werden. Bei gleichem Verhältnis von Abgeordneten pro Einwohner und gleichbleibender Abgeordnetenzahl des Parlaments könnten sie nur eine Abgeordnete bzw. einen Abgeordneten stellen. Gleichzeitig wird durch die degressive Verteilung auch verhindert, dass das Parlament auf mehrere Tausend Abgeordnete ansteigt.

In allen EU-Staaten gilt das Verhältniswahlsystem, das heißt, dass die Mandate nach dem Verhältnis der auf die Parteien entfallenen Stimmen verteilt werden. Je mehr Stimmen eine Partei erhält, desto mehr Sitze im Parlament werden an sie vergeben.

In Deutschland besitzen die Bürgerinnen und Bürger jeweils eine Stimme, die sie an die Listenvorschläge der Parteien und politischen Vereinigungen vergeben können. Die Listen in Deutschland sind geschlossene Listen. Die Reihenfolge der Bewerberinnen und Bewerber ist also im Voraus festgelegt und kann nicht durch die Wählerinnen und Wähler verändert werden. Seit der Europawahl 2014 gibt es in Deutschland keine Sperrklausel (wie die Fünfprozenthürde bei der Bundestagswahl) mehr, die Parteien erreichen müssen, um Abgeordnete entsenden zu können.